Wir erzählen uns gern, dass Entscheidungen aus uns selbst heraus entstehen, rational, autonom, reflektiert. In Wahrheit sind sie eher wie Zimmerpflanzen: Sie wachsen nur dort, wo das Klima stimmt.
Man kann also noch so willensstark, strukturiert oder klar sein, aber wenn das Umfeld nicht trägt, bleibt die beste Entscheidung Theorie.
Erwartungen, Strukturen und subtile Kräfte
Folgende Situation erlebe ich nicht selten: Eine Führungskraft weiß genau, was sie tun müsste. Aber ihr System lässt es nicht zu. Vielleicht, weil Erwartungen über allem schweben. Vielleicht, weil Strukturen veraltet sind. Vielleicht, weil unausgesprochene Regeln gelten, die niemand je formuliert hat, aber alle befolgen.
Diese unsichtbaren Kräfte wirken leise, aber mächtig. Sie erzeugen Reibung zwischen dem, was jemand will, und dem, was das System erlaubt.
Und sie sind nicht immer feindlich. Oft sind sie schlicht neutral … bis man sie ignoriert.
Stopp-Schilder und Energiequellen
In der Kairos-Methode sprechen wir von Stopp-Schildern und Trägern.
- Stopp-Schilder sind die Kräfte, die bremsen: Strukturen, Überzeugungen, Loyalitäten, manchmal auch eigene Ängste.
- Träger sind die Faktoren, die Energie geben: Menschen, Räume, Systeme, die das Neue schon mitdenken.
Das Ziel ist nicht, alle Stopp-Schilder niederzureißen. Es geht darum, sie zu erkennen und bewusst zu entscheiden, ob man sie akzeptiert, umgeht oder transformiert.
Resilienz bedeutet hier: nicht gegen das Umfeld zu kämpfen, sondern seine Dynamik zu verstehen und klug zu nutzen.
Aus der Praxis
Karriere mit altem Etikett
Ein Klient bewirbt sich auf eine neue Rolle, fachlich perfekt passend.
Doch das Unternehmen sieht in ihm immer noch „den Techniktypen von früher“.
Nicht die Kompetenz steht im Weg, sondern das Umfeld die gewohnte Wahrnehmung.
Erst als er bewusst daran arbeitet, sein Selbstbild und Fremdbild in Einklang zu bringen, öffnet sich der Raum für Veränderung. Der entscheidende Impuls kam von außen aus Gesprächen. Manchmal braucht es den Blick jenseits der Organisation, um zu erkennen, dass man sich schon verändert hat.
Eine Klientin spürt deutlich: Sie möchte raus aus ihrem bisherigen Fachgebiet.
Themen wie Nachhaltigkeit und Sinn bewegen sie stärker als Zahlen und Prozesse. Doch gleichzeitig ist da das private System: ein Partner in beruflicher Neuorientierung, ein Kind in der Schule, pflegebedürftige Eltern. Das Umfeld ist nicht gegen sie, es ist nur voll.
Anstatt alles auf einmal zu kippen, gestaltet sie den Übergang in Etappen:
Ein Bildungsurlaub hier, ein kleiner Nebenauftrag dort. So entsteht Veränderung im Rhythmus ihrer Lebensrealität und nicht im Widerspruch dazu.
Sie kommt aus einer agilen Organisation, in der Verantwortung geteilt, Entscheidungen im Team getroffen und Führung als Moderation verstanden wird. Jetzt arbeitet sie in einem Konzernprojekt, in dem gilt: steuern, kontrollieren, berichten. Ihr gewohntes Selbstverständnis von Führung wirkt hier irritierend: „Zu viel Konsens und zu wenig Steuerung.“
Heute nutzt sie beide Systeme bewusst: die Klarheit der klassischen Struktur, um Orientierung zu schaffen, und die Haltung des agilen Arbeitens, um Beteiligung zu ermöglichen.
Nicht entweder oder, sondern sowohl als auch systemintelligent statt systemgläubig.
1. Fachliche/technisch-funktionale Kompetenz – Identität entsteht über das eigene Spezialgebiet.
Menschen mit diesem Anker meiden Führungsrollen, die sie von der Facharbeit wegziehen würden. Sie wollen Anerkennung für ihre Expertise, nicht für Management.
Tiefe Motivation: Exzellenz im Fach. Freude daran, Expert:in zu sein, Probleme mit Wissen zu lösen.
Gefährdung: Wenn sie in generalistische Rollen gedrängt werden, fühlen sie sich entfremdet.
2. General Management Kompetenz – Erfolg bedeutet, Menschen und Systeme zu steuern.
Dieser Anker erfordert drei Kernkompetenzen: analytisches Denken, interpersonale Kompetenz, emotionale Stabilität.
Tiefe Motivation: Integration verschiedener Funktionen, Entscheidungsmacht, Einfluss.
Gefährdung: Wer diesen Anker trägt, ist in reinen Expertenbahnen unzufrieden. Es fehlt das „große Ganze“.
3. Autonomie/Unabhängigkeit – Der Drang nach Selbstbestimmung ist unverhandelbar.
Oft zeigt sich dieser Anker bei Menschen, die unglücklich in Bürokratie und Hierarchien sind. Selbstständigkeit, Forschung oder projektbasierte Rollen passen besser.
Tiefe Motivation: Freiheit, Arbeit im eigenen Rhythmus und Stil zu tun.
Gefährdung: Zu enge Strukturen führen zu Frust und Demotivation.
4. Sicherheit/Stabilität – Arbeit ist Lebensgrundlage, Sicherheit ist zentral.
Dieser Anker zeigt sich oft in Loyalität zu Institutionen (z. B. Staat, große Konzerne), in der Suche nach sicheren Renten, Pensionssystemen, unkündbaren Verträgen.
Tiefe Motivation: Planbarkeit, feste Strukturen, klare Zukunft.
Gefährdung: In unsicheren, dynamischen Umfeldern entsteht hohe Angst und Rückzug.
6. Dienst/Hingabe an eine Sache – Arbeit als Beitrag zu höheren Werten.
Dieser Anker ist oft stark bei Menschen, die in sozialen Berufen, NGOs, Bildung oder auch in mission-driven Unternehmen arbeiten. Aber er kann auch in Konzernen auftauchen, wenn jemand dort seine Werte verwirklicht.
Tiefe Motivation: Sinn, ethische Maßstäbe, Impact.
Gefährdung: Wird der Sinn entzogen, kommt es schnell zu innerer Kündigung.
7. Pure Herausforderung – Erfolg heißt, das Unmögliche zu schaffen.
Für diese Menschen ist Karriere ein ständiger Test. Sie suchen Abenteuer, Krisen, das Extreme. Sie sind oft dort erfolgreich, wo andere kapitulieren.
Tiefe Motivation: Sieg über Hindernisse, Wettbewerb, Adrenalin.
Gefährdung: Routine und zu viel Sicherheit führen zu Langeweile und Abwanderung.
8. Lebensstil – Karriere und Leben als integriertes Ganzes.
Hier wird die Arbeitsrolle bewusst mit anderen Lebensrollen in Einklang gebracht. Solche Menschen lehnen Karrieren ab, die einseitig zu Lasten des Lebens gehen.
Tiefe Motivation: Harmonie zwischen Arbeit, Familie, Freizeit, persönlichen Werten.
Gefährdung: Arbeitgeber, die totale Verfügbarkeit verlangen, sind unvereinbar.
Das Umfeld lesen lernen
Umfeldanalyse ist kein Nice-to-have, sondern eine Form von strategischer Intelligenz.
Sie fragt:
- Wer profitiert von meiner Entscheidung und wer verliert Einfluss?
- Welche unausgesprochenen Regeln steuern hier Verhalten?
- Was trägt mich, was kostet Kraft?
In der Kairos-Methode nutzen wir diese Fragen, um nicht nur Entscheidungen zu treffen, sondern sie tragfähig zu machen.
Du triffst keine Entscheidung im Vakuum, denn Erwartungen, Strukturen und Beziehungen spielen immer mit.
Selbst die klügste Entscheidung bleibt brüchig, wenn sie sich nur auf äußere Faktoren stützt.
Wenn das Umfeld laut wird, hilft nur eines: der leise, innere Satz, der dich erinnert, wofür du losgegangen bist.
Kairos macht den Unterschied zwischen einer schnellen Entscheidung und einer Wahl, die Sinn, Timing und Identität verbindet.
Genau das bekommst du in meinem Format „Neuorientierung intensiv“:
✔ Dein persönliches Workbook zur Vor-und Nachbereitung
✔ Zwei Sessions à 3 Stunden für Tiefenarbeit und Klarheit
✔ Eine Stunde Umsetzungsstrategie, damit aus Erkenntnissen Handeln wird
✔ Ein Follow-up für Reflexion, Anpassung und Sicherheit auf deinem Weg
Wenn du nicht nur den nächsten Job suchst, sondern eine Entscheidung, die zu dir passt und trägt, dann vereinbare ein Erstgespräch.



